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Sind wir arm?

Ohne Frage gerät der Mensch ins Wanken, wenn dieser über Nacht und ungefragt seine Arbeit verliert und, aber ja, damit auch den Lohn. Die Stütze zerbricht. Der Quell versiegt. 


Selbstredend leidet seine Robustheit. Und zeigt sich, dass es Monate noch so gehen soll, so schwankt dieser Mensch. Aber sein Kind. Des Kindes Welt soll bleiben. Wir wollen doch stabil und handlungsfähig bleiben!

 

60% vom Mittelmaß? 

Hat ein Mensch bei uns in Österreich weniger als 1.286 Euro monatlich auf dem Girokonto, gilt diese Person als armutsgefährdet. 1.286 Euro sind 60 % des österreichischen mittleren Einkommens. 60% von dem, was unsere Mittelschicht so fürs Leben hat. Kommt ein Kind dazu, erhöht sich die Grenze auf 1.671 Euro. Zu zweit mit Kind ist man bei etwa 2.300 Euro gefährdet, arm zu sein. Gefährdet. (Arm sei man, wenn man keine Waschmaschine, kein Handy, keinen jährlichen Urlaub und nicht die kuschelige Heizung bezahlen könne.)

 

Ka Göd, ka Musi

Mit 60% weniger als dem Mittelmaß möge es sein, dass die Familie nicht an der Gesellschaft teilhaben kann. So Statistik Austria und die Armutskonferenz. Die Familie sei gefährdet, zu vereinsamen. Kein Vergnügen zu erleben. Keinen Spaß. Kein Konzert. Kein Sportevent. Kein Musikfestival. Kein gemeinsames Essengehen. Kein Kino. In Gefahr, Freunde zu verlieren. Weniger Austausch mit den Nachbarn zu haben. Keine Hobbys. Kein Fußball. Kein Instrument. Denn: Ka Göd, ka Musi. 

 

Sind wir also arm? Oder verbrauchen wir bloß weniger Geld? 

Kann sein, dass wir als eine dieser Familien kaum Kindergartenfreunde in eine Pizzeria einladen. Kann sein, dass wir uns genau überlegen, ob unser Kind mit Freunden mit ins Jump 25 fahren kann. Und es kann auch sein, dass bei uns Geburtstagsgeschenke nicht immer teuer sind. Selbst neu müssen sie nicht immer sein. Und doch! Unsere Geschenke sind immer gewünscht und gut durchdacht! Und unsere Übernachtungspartys abenteuerlich auf Matratzen am Balkon. Palatschinken sind immer möglich. Wirklich immer. Wie auch Kakao. Und hausgemachter Hollersirup. Freunde treffen wir im Botanischen Garten. Familie im Naturkundemuseum. Nachbarn an den öffentlichen Tischtennistischen, auf Basketballfeldern oder den Treppen zum Ulrichsbrunn. Die Kinder tanzen in der Wohnzimmerdisko um die bunte Diskokugel zu den CDs aus der Stadtbibliothek. Und zum Wohnzimmerkino gibt es selbstgemachtes Popcorn. Sind wir also arm? Oder verbrauchen wir bloß weniger Geld? Denn jeden Tag haben wir zu geben! Und wenn es zurzeit kein Geld ist. So haben wir doch unsere Freundlichkeit. Wir können tauschen. Tag um Tag. Informationen. Kontakte. Blumen. Lächeln. Ein Herz kommt immer zurück. Das ist sicher.

 

Fasching im selbst gebastelten Kostüm


Und doch! Gute Löhne, gute Familienleistungen und eine Politik, welche die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ins Zentrum stellt, helfen! Helfen unserer Handlungsfähigkeit und unserer Stabilität. Die Pädagogen in den Kindergärten bemühen sich sehr. Und mit einfühlsamen Lehrerinnen in der Schule geht das so weiter. Im Grunde. Und diese Betreuung ist leistbar. So können wir an Meetings teilnehmen. So können wir einen kranken Kollegen vertreten. Arbeiten, wann nötig. Würden wir mehr verdienen, würden wir mehr zahlen! Doch wären wir glücklicher? Immerhin hätten wir erfüllte Träumen und die Chance,  mitzugestalten. Für unsere Kinder. Für uns. Für alle.

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