Die stillste Zeit im Jahr ist seit der Geburt des sechsjährigen Sprosses auch immer eine abenteuerliche. Das Entzünden der ersten Kerze auf dem Adventskranz ist unser Startschuss. Danach verbringen der Kleine und ich das Warten auf Weihnachten mit abendlichen Karussellfahrten und Riesenradtouren auf den Weihnachtsmärkten der Stadt. Lichter flackern von blechernen Feuerwehrautos und blinken von sich emporhebenden Flugobjekten. Motorräder hupen und bunte Boote bimmeln in der abendlichen Dämmerung. Zuhause warten bunte Kugeln und leuchtende Kerzen auf unsere Bewunderung.
Die Tage werden süßer und die Kerzen mehr |
Kekse werden gebacken und gleich wieder gegessen. Und Lieder mal fröhlich gesungen, mal unsicher (in etwa so „Lasst uns fro - oh - oh und mun - ter sein“) geträllert.
Heuer war der Plan, mit der Waldschule am Hilmteich in den Advent zu starten. Für den Waldschule-Advent mussten wir bloß noch das Rennen für das Gewinnspiel der steiermärkischen Sparkassen machen. Um daraufhin am frühen Abend bei einer professionell geführten Wanderung durch den städtischen Wald am LKH herrliche Tannenzweige, immergrüne Fichten, prachtvolle Eiben und wundervoll geschwungenen Efeu für unseren Kranz zu sammeln. Nach der lehrreichen gemeinsamen Waldtour hätten mein Sechsjähriger und ich im darauffolgenden lehrreichen Workshop in der Waldschule den schönsten Adventskranz äußerst gekonnt selbst gebunden. Und mit äußerst gekonnt vergoldetem Naturdekor verziert. Und falls wir diesen Advent-Event nicht gewannen, wären wir zu Plan B übergegangen. Denn selbstverständlich gab es einen solchen. Gelang uns der Gewinn also nicht, hätten wir uns diesen Waldspaziergang mit inkludiertem Bastelkurs bei gewöhnlicher Anmeldung um fünfundzwanzig Euro gegönnt. Doch oje. Heuer ist alles anders. Weder gewannen wir „Dein eigener Adventskranz - selbst gemacht!“ noch fand der Kurs überhaupt statt. Alles ist abgesagt.
Was kommt eigentlich nach Plan B? Ich habe es gegoogelt. Nichts. So ist es auch bei uns. Also wagen wir uns ganz ohne professionelle Begleitung in den Wald am Rosenhain. Und begeben uns auf die Suche nach Immergrün für den runden Kranz. Der uns aus dieser stillen dunklen Zeit in eine hellere begleitet. Die Tage werden bald freundlicher und die Kerzen mehr. Erst führt uns der Adventskranz mit seinen vier Kerzen zur Wintersonnwende. Und dann zum leuchtenden Weihnachtsfest. Der Kranz als Symbol für steten Wandel ist mir wichtig. Also nehme ich mein warm eingepacktes Kind an der Hand. Falls es denn meins ist. So genau kann ich es nicht ausmachen. Derart verhüllt in Kapuze, Mütze, Stirnband und Handschuhen. Mit einem Schal noch dazu dick umwickelt. Kaum erkennbar ist der kleine Mensch hinter all dem Stoff. Wir lachen noch draußen im Kalten darüber. Beide tragen wir Rucksäcke und machen uns auf den Weg. Ohne gedruckte Anleitung! Ohne YouTube-Video! Allein gelassen und ohne Waldführerin suchen wir. Und wir sammeln bräunlich grüne Nadelzweige. Und wir finden glänzend braune Zapfen. Wohl welche, die aus den Krallen der Eichhörnchen auf den Weg geplumpst sind. Und wir wandern die Mur entlang. Finden ein paar Nüsse in schwarzen Hüllen, die wir zuhause putzen werden. Auch im Gras, das von glitzerndem Raureif umhüllt ist, stöbern wir. Dort raschelt es und wir erspähen einen Igel, der Schutz sucht in aufgeschütteten Laubhaufen. Kinder haben Schilder gebastelt und die Haufen zu Igelhotels umbenannt. Auf dem Rückweg lassen wir begeistert von all den winterlichen Gaben harte, rote Beeren in unsere Taschen fallen.
Dunklen Zeiten folgen helle. Das Sonnenlicht bleibt bald länger. |